Offenbar sind meine Blogleser ein wenig sprachlos ob dieser Riesen-Begegnungen des Herrn Schneider. Dennoch scheint das Interesse groß, und so wollen wir doch sehen, wie so ein selbstbewusster Aufstieg weitergeht.
Was wir bis jetzt erfahren haben ist vorbildlich: Dieser spielerische Umgang mit den Aufgaben - riesig oder nicht. Dabei bleibt keinen Moment unklar, wer das Heft in der Hand hat. Und so kann ein Problem tat-sächlich zum Energie-Gewinn beitragen und uns vorwärtsbringen.
Aber es geht noch weiter - so leicht und schnell werden Lebens-UnternehmerInnen mit weit gesteckten Zielen ihre Riesenprobleme nicht los.
Sie gingen zusammen weiter, und als sie an einem
Kirschbaum vorbeikamen, fasste der Riese die Krone des Baumes, wo die zeitigsten
Früchte hingen, bog sie herab, gab sie dem Schneider in die Hand und hieß ihn
essen. Das Schneiderlein aber war viel zu schwach, um den Baum zu halten, und
als der Riese losließ, fuhr der Baum in die Höhe, und der Schneider ward mit in
die Luft geschnellt. Als er wieder ohne Schaden herabgefallen war, sprach der
Riese: »Was ist das, hast du nicht die Kraft, die schwache Gerte zu halten?«
Ups! - jetzt hätte er doch beinahe die Kontrolle, den Boden unter den Füßen verloren. Doch:
»An der Kraft fehlt es nicht«, antwortete das
Schneiderlein, «meinst du, das wäre etwas für einen, der Siebene mit einem
Streich getroffen hat? Ich bin über den Baum gesprungen, weil die Jäger da
unten in das Gebüsch schießen. Spring nach, wenn du's vermagst.«
Der Riese machte den Versuch, konnte aber nicht über den Baum kommen, sondern
blieb in den Ästen hängen, also dass das Schneiderlein auch hier die Oberhand
behielt.
Die Überlegenheit "Man kann es auch so sehen" gibt die Möglichkeit, sich über derartige kleine Ausrutscher hinwegzusetzen. Man nimmt sie nicht so schwer und sich nicht so (ge-)wichtig. Genau das bringt den Sieg über das "schwerwiegende Riesenproblem".
Trotz aller Siege spürt man ein wenig das Anwachsen der Gefahr, je länger das Schneiderlein sich mit dem Riesen abgibt. Er wagt ordentlich viel, und geht sogar noch weiter:
Der Riese sprach: »Wenn du ein so tapferer Kerl
bist, so komm mit in unsere Höhle und übernachte bei uns.«
Das Schneiderlein war bereit und folgte ihm. Als sie in der Höhle anlangten,
saßen da noch andere Riesen beim Feuer, und jeder hatte ein gebratenes Schaf in
der Hand und aß davon. Das Schneiderlein sah sich um und dachte, es ist doch
hier viel weitläufiger als in meiner Werkstatt.
Was für eine Positivität! Einfach nachahmungswürdig!
Der Riese wies ihm ein Bett an und sagte, er solle
sich hineinlegen und ausschlafen. Dem Schneiderlein war aber das Bett zu groß,
es legte sich nicht hinein, sondern kroch in eine Ecke.
Jetzt knistert die Gefahr. Jetzt braucht er einen neuen Blick-Winkel auf die ganze Sache, nur so kann er weiterkommen. Gewohnheits-Trott-Schlaf scheint jetzt brandgefährlich. Und tatsächlich:
Als es Mitternacht war und
der Riese meinte, das Schneiderlein läge in tiefem Schlafe, so stand er auf,
nahm eine große Eisenstange, schlug das Bett mit einem Schlag durch und meinte,
er hätte dem Grashüpfer den Garaus gemacht.
Wie wir sehen, ist die Angelegenheit kein Spaß, sondern es geht um Leben und Tod. Bei aller fröhlichen Märchenhaftigkeit meinen es die Märchenerzähler immer ernst. Wirklich!
Mit dem frühsten Morgen gingen die
Riesen in den Wald und hatten das Schneiderlein ganz vergessen, da kam es auf
einmal ganz lustig und verwegen daher geschritten. Die Riesen erschraken,
fürchteten, es schlüge sie alle tot, und liefen in einer Hast fort.
Das wär's doch! Einen Blickwinkel, eine Sicht-Weise, die dazu führt, dass die Riesenprobleme sich verflüchtigen.
Es gibt ihn! Immer!
Wer's nicht glaubt, kann mich ja fragen.
Das Riesen-Problem ist aber nett, es gibt süßes zu essen. Zwar muss man dann eine Handlung, die über den Baum springen, umdeuten, anders erklären, aber mit dieser Erklärung geht es dann weiter.
AntwortenLöschenNun ist doch die Frage warum er mit geht, ins Haus der Riesen?
Heißt das, man muss den Dingen auf den Grund gehen? Zu den Wurzeln? In die Höhle? Da wo sich noch weitere Probleme aufhalten?
Oh Schreck.
Aber er nimmt die Einladung an.
Warum ist dann eigentlich das Problem so freundlich?
Das er sich in der Ecke aufhält zur Nachtzeit rettet ihm das Leben.
Er empfand das Problem als zu groß, oder?
Also das Bett des Problems.
Er wechselt die Sicht auf die Dinge.
Also verstehe ich es so kurz vor knapp, bevor das Problem einen vernichtet, muss man in der Nacht, also im anderen Bewusstsein(Zustand), auf einer andere Ebene am Thema arbeiten.
Nehmen wir mal an die Nacht wäre ein Bild für die Verbindung zur geistigen Welt. Die hilft.
Dann im Tageslicht glaubt das Problem, was einen vergessen hat (das empfinde ich fast als eine Frechheit) man würde ihm den Garaus machen und rennt davon.
Doch wie geht es nun weiter?
Ohne Probleme?
Das würde mich wunder, liebe Wort-Akrobatin, wenn es ohne Probleme weiterginge. Da würde ja das Märchen seinem Wahrheitsanspruch nicht gerecht.
LöschenToll, wie Du die Geschichte noch einmal ganz aus Deinem Erleben durchkostest!
Freut mich sehr!
Jetzt weiß ich es.
AntwortenLöschenDas Süße, also die Kirschen, sind der positive Effekt von Problemen.
In der Psychologie wird das Krankheitsgewinn genannt.
Oder wie ich so schön sage, wenn man sich noch (künstlich) aufregen kann (meist über die andere oder das Problem) ist man noch nicht bei sich angekommen. Noch nicht in der Höhle des Problems.
Oder mit Eckhart Tolle man ist noch im Drama, im Ego.
Jetzt weiß ich es.
AntwortenLöschenDas Süße, also die Kirschen, sind der positive Effekt von Problemen.
In der Psychologie wird das Krankheitsgewinn genannt.
Oder wie ich so schön sage, wenn man sich noch (künstlich) aufregen kann (meist über die andere oder das Problem) ist man noch nicht bei sich angekommen. Noch nicht in der Höhle des Problems.
Oder mit Eckhart Tolle man ist noch im Drama, im Ego.
...interessant! Dass es ein Kirschbaum war, hatte ich glatt vergessen.
AntwortenLöschenGoogle...
Interpretation: Insofern der Kirschbaum seine Blüten vor den Blättern treibt, steht er für den nackt in die Welt geborenen Menschen, allgemein ist der in der Tiefe der Erde wurzelnde, mit den Zweigen, den Himmel fassende Baum Sinnbild für den nach Selbstverwirklichung (Individuation) strebenden Menschen....
Siehe:
http://www.symbolonline.de/index.php?title=Kirsche
Danke für die Inspiration!
Würde ja passen, lieber Klaus, für unseren märchenhaften Selbstverwirklicher. Da "haut es einen schon mal rauf".
LöschenIn der traditionellen Baum-Symbolik gilt der Kirschbaum als Mondenbaum, ist also dem nicht selbst leuchtenden Nachtlicht zugeordnet. Das kann auch zu denken geben...
Vielen Dank für die inhaltsreichen Kommentare!