Mittwoch, 17. Februar 2016

GELINGENDE LIEBE


Den Fragen zum Gelingen des Guten müssen die des Gelingens der Liebe folgen als eine Steigerung in jeder Hinsicht und als Nachklang zum grad gewesenen Herzens-Tag. Ein Unterfangen, an das man sich fast nicht rantraut. Jede/r hat ja seinen „Strauß“ mit der Liebe, kennt sich aus… Und doch merkt auch jede/r dass es nur ein Teil von etwas unfassbar Großem ist.
Ich will von ein paar Blüten aus meinem Strauß erzählen:
Im zarten Alter von 12 mussten wir das „Hohe Lied der Liebe“ von Paulus im Religions-Unterricht auswendig lernen. Das tat ich so leicht, so gern und so gut, dass ich es heute noch weitgehend kann. Obwohl ich nichts verstand, war ich doch wahrscheinlich, immer wenn ich dieses Lied memorierte, dem großen Geheimnis so nahe wie sonst nie in meinem Leben. Heute, als zweifach geschiedene Witwe, die - womöglich ein kleines bisschen weise - sich erlaubt, in Wort und Schrift über Leben und Tod zu „philosophieren“, frage ich mich schon anders, wovon Paulus da eigentlich spricht. Was muss ich „haben“, um als sprechender Mensch nicht nur ein „Plappertopf“ zu sein, auch wenn ich von aller Weisheit der Welt rede – z.B. meiner verehrten Anthroposophie? Was muss ich da wie lieben? Paulus schrieb: „Wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen redete, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle...“ (Johannes Brahms hat das wunderbar vertont, und ich durfte es in meinen Dreißigern öffentlich singen.)
Ein paar Jahre später, mit 16, seit einiger Zeit zum ersten Mal verliebt, hörte ich - wieder in der Schule - einen Satz von Shakespeare: „Ich will Dir ein Geheimnis sagen …. Willst du geliebt werden, so liebe!“ Es wurde wohl noch mehr Erhebendes über dieses Thema vermittelt, denn ich spürte auf einmal: Das was ich kenne von und zwischen meinen Eltern oder wem auch immer, das hat mit dem, was ich grade erahnte, so gut wie nichts zu tun. Die gepriesene Mutterliebe schien mir mehr Angst zu sein, bei den Paaren war deutlich Macht und Anerkennungsstreben vorrangig, und ich konnte damals schon sehen, dass sie sich mehr brauchten als liebten. In pubertärer Kühn- und Dummheit zog ich von Stund an als Verkünderin der „Weisheit“ durch die Welt: Die Liebe gibt es nicht! Damit nervte ich meine Umwelt wann und wo immer es möglich war. Solange, bis eines Tages mein Lover sich das auch anhören musste, und daraufhin ganz erstaunt fragte: „Und was ist dann das zwischen uns?“ Ups! Schach matt! - Natürlich weiß ich heute, dass das auch nicht die Liebe war, aber doch ein kleines Winke-Winke von ihr, das schon ganz schön Power hatte.
Diese Liebe mit den Schmetterlingen im Bauch fällt uns ja bei dem großen Wort gewöhnlich zuerst ein, und wir wissen, dass sich die Schmetterlinge meist früher als später setzen und ruhig auf den Blüten unserer Herzenswärme schaukeln. Wieder ein Teil des großen Geheimnisses, ein kolossales Sprungtuch, das enorm viel auffangen und aushalten kann! Das von Paulus kann allerdings noch mehr: träget alles, duldet alles … höret nimmer auf… rechnet das Böse nicht zu… Oh, oh! Hatte ich doch Recht, dass es das nicht gibt unter Menschen? Oder ist die Liebe der Weg der kleinen Schritte zu der Großen hin?
Die Weisheiten der Liebe verfolgten mich. In der Mitte meiner Dreißiger und aller erdenklichen Eheprobleme kam die nächste Botschaft: Einen Menschen lieben heißt, ihm zu seiner Vollkommenheit zu verhelfen. Klar! Nur, ich schaffte das nicht. Also folgte die erwachsene Einsicht: Ich kann nicht lieben. Das ist bis heute nicht ganz widerlegt, denn der Rahmen ist sehr groß gesteckt.
Nun, was man nicht kann, kann man ja wenigsten bedenken. Ich schrieb dann mal meine Gedanken zusammen über die Dreiheit Sexus – Eros – Agape. Zwei davon kannte ich, die dritte entzog sich meiner Vorstellung. Heute weiß ich, dass genau das gemeint ist mit dem einzigen Gebot, das Jesus-Christus seinen Jüngern gab.
Das ist das UR-ZIEL:
Dass Ihr miteinander in LIEBE EINS werdet,
so wie ICH mit EUCH in LIEBE EINS geworden bin…. DIE LIEBE IST MEIN EINZIGES GEBOT.
“ Einer Gemeinschaft von zwölf Männern wurde das gesagt. Der Ursprung des Christentums war eine Agape-Gemeinschaft!
Er meinte damit sicher nicht eine irgendwo im Kosmos herumschwingende Kraft sondern ein menschliches Tun. (Aha, mein früherer Shakespeare – aber ganz anders!)
Über was alles machen wir uns Gedanken, diskutieren wir, bemühen wir uns um Verwirklichung – wie steht es mit diesem „einzigen Gebot“? „Eins werden“ – was meint das, was erfordert das? Gewiss mehr als ein „Ich bin o.k. - Du bist o.k.“ oder so ein „Hühnerfrieden“ wo jeder alles schluckt.
Meine Einsicht heute, kurz vor 70: Ich kann (wir können?) es nicht, weiß es nicht, kann es nicht einmal denken – ich muss es meditieren! Spirituelle Grundübung zur wahren Liebe?
Da hat mich noch etwas erstaunt: Christus sagt von einigem Großem, Universellen, dass er es sei: Ich bin das Licht, das Leben, die Wahrheit… siebenfach!
Er sagte  nicht: Ich bin die Liebe. Sondern: Das müsst Ihr tun!
Paulus ist da ein interessanter Denk-Kreisel gelungen:
Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“
Das wäre interessant: Was muss ich tun, und was geschieht, wenn ich diese Botschaft ganz bewusst zu verwirklichen trachte? Nach und nach… Vorsicht: Nicht zu großzügig „christlich“ sein!
Und da ist wohl auch vom Valentins-Tag kaum etwas zu gebrauchen.
Es gibt eine wunderbare Übertragung des Johannes-Evangeliums, da beginnt der Prolog:
„Im URBEGINN war die WELTEN-WIRKENDE LIEBE.
Und die LIEBE war umfassender GEIST.
Und göttliches SCHÖPFERWORT war die LIEBE.
DIESE war im URBEGINN das URGUTE.
Alle Dinge sind durch DIES EINE OHNE EIN ZWEITES erschaffen
und alles Geschaffene ist Abbild der LIEBE…

So groß, so einzig und allmächtig, so ewig und immer ist das, wovon wir sprechen. Und wenn uns das ein wenig Schmetterlinge in Herz zaubert, gepaart mit ehrfurchtsvollem Staunen, dann sind wir auf dem Weg – glaube ich. Dazu müsste man allerdings, die z.T. oft gehörten Bibelworte ganz neu lesen, wie noch nie gehört und es wagen, sie in Zusammenhang zu bringen mit dem, was man selbst mit dem Liebe-Thema bisher verband.
Tatsächlich hab ich mit fast 50 ein winzig kleines Lied „komponiert“ nach einem Satz aus dem „Kurs in Wundern“: Die Liebe ist der Weg, den wir in Dankbarkeit beschreiten. Ein Kanon, mehrstimmig in Harmonie zu bringen. Und dieses Lied – man kann es kaum glauben – wird seitdem jeden Freitagabend bei einem besinnlichen Gruppen-Abend gesungen (bei dem ich gar nicht dabei bin), bis heute und weiter...


Angesichts dieser Erinnerungen frage ich mich schon: Kann Liebe überhaupt gelingen auf unserem heutigen Stand als Menschen, auf der heutigen Stufe der Weltentwicklung? Oder bleibt uns nur davon zu singen (auf jedem Niveau) und zu dichten?
Bleibt der erwähnte Trost: Wohlwollende Schrittchen dürften zu schaffen sein.


Nun, liebe Leser, sucht doch auch mal nach den Spuren, den „Sträußen“ der Liebe in Eurem Leben und seht wohin es weiter geht.
Ich freu mich, wenn Ihr von unterwegs eine Brieftaube schickt…